Dr. med. Claus J. Deglmann

Als Facharzt für Chirurgie, Handchirurgie sowie Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie leitet Dr. Claus J. Deglmann nicht nur den Bereich „Hand“ im Deutschen Zentrum für Obere Extremität, sondern ist auch leitender Arzt an der Klinik Josephinum und bringt die Erfahrung von weit mehr als 10.000 Eingriffen bei über 5.000 Patienten mit. Das Spektrum seiner Leistungen deckt sowohl Unfallfolgen wie auch degenerative Erkrankungen der Hand und des Handgelenkes ab und schließt auch angeborene Fehlbildungen an der Hand mit ein. Erweitert wird dieses Spektrum mit einer langjährigen Erfahrung in der rekonstruktiven Mikrochirurgie am gesamten Körper.

Im Interview: Dr. med. Claus J. Deglmann

Morbus Dupuytren

Den Schlüssel aus der Tasche kramen, sich das Gesicht abtrocknen oder einfach nur die Hand flach auf den Tisch legen: Das ist für die meisten selbstverständlich. Für Betroffene der Erkrankung Morbus Dupuytren sind diese alltäglichen Dinge aber oft eine große Herausforderung. Was es mit der Krankheit mit dem komplizierten Namen auf sich hat und welche Therapiemöglichkeiten es für Betroffene gibt, erklärt Dr. Claus Deglmann, Handspezialist in der Klinik Josephinum.

Welche Erkrankung steckt hinter Morbus Dupuytren?

Dr. Deglmann: Der Name Morbus Dupuytren, auch Dupuytren‘sche Erkrankung oder Dupuytren‘sche Kontraktur genannt, geht auf den französischen Chirurgen und Baron Guillaume Dupuytren zurück, der 1832 die Symptome ausführlich beschrieb. Bei dieser Erkrankung können Betroffene die Finger nicht mehr frei strecken. Sie krümmen sich Richtung Handfläche. Die Krankheit zählt zu den sogenannten Fibromatosen. Darunter versteht man gutartige Wucherungen im Bindegewebe. Oft sind der kleine Finger und der Ringfinger – häufig an beiden Händen – betroffen. Frauen erkranken dabei deutlich seltener an Morbus Dupuytren als Männer, beide vor allem ab dem 50. Lebensjahr. Bislang ist die Ursache der Erkrankung nicht komplett bekannt, eine erbliche Komponente ist wahrscheinlich. Patienten berichten manchmal über eine Verletzung, einen Bruch oder eine Überlastungssituation, welche die Knotenbildung beschleunigt hat. Auch andere Trigger wie Diabetes oder Alkoholkonsum können sich negativ auswirken.

Welche Symptome bemerken Betroffene?

Dr. Deglmann: Das erste Symptom ist meist eine langsame Verhärtung der Handinnenfläche, die in der Regel nicht schmerzhaft ist. In einem frühen Stadium sind dort oder in den Fingern außerdem kleine knotige Veränderungen tastbar. Im Verlauf können verhärtete Stränge sichtbar und auch fühlbar sein. Je weiter die Verhärtungen fortschreiten, desto mehr ziehen sich Finger in die Handinnenfläche. Es dauert meist aber Monate bis Jahre bis eine sogenannte Beugekontraktur auftritt. Durch die Stränge ist ein Strecken der betroffenen Finger nun nicht mehr möglich, was eine deutliche Funktionseinschränkung der Hand bedeutet.

Muss man in jedem Fall operieren?

Dr. Deglmann: Nein. Ich empfehle, grundsätzlich nicht zu früh operieren zu lassen. Denn jeder Eingriff kann auch eine Aktivierung der Strangbildung erzeugen. Eine reine Knotenbildung muss beispielsweise nicht operiert werden. Heilbar ist Morbus Dupuytren nicht und das Fortschreiten des Krankheitsverlaufs sehr individuell. Auch eine Stagnation in einem bestimmten Stadium ist möglich. Ich sehe sehr viele Patienten, bei denen die Erkrankung schmerzfrei und sehr langsam verläuft. Dann ist nach der Diagnose nicht unbedingt eine Behandlung angezeigt. In speziellen Fällen kann im Anfangsstadium eine Bestrahlung der Handinnenflächen eine Option sein, um das Wachstum des Bindegewebes zu verhindern. Wenn die Streckung eines Fingers mehr als 30 Grad eingeschränkt ist, kann eine operative Therapie besprochen werden. Je nach Einzelfall kommen minimalinvasive Eingriffe oder offene Operationen zum Einsatz.

Welche Operation ist für wen geeignet?

Dr. Deglmann: Ein minimalinvasiver Eingriff ist die perkutane Nadelfasziotomie (PNF). Diese erfolgt ambulant in örtlicher Betäubung. Ich durchtrenne dabei ohne offene Hautschnitte mit speziellen Nadeln den betroffenen Strang. Patienten können den Finger danach sofort wieder strecken. Eine ähnliche minimalinvasive Möglichkeit ist die Injektion des Enzyms Kollagenase. Die Kollagenase wird in den Strang gespritzt, um ihn zu schwächen. Am nächsten Tag wird der Strang durch Strecken unter Lokalanästhesie „gebrochen“. Beide Methoden versprechen einen raschen Therapieerfolg, sind allerdings nicht für jeden Patienten geeignet. Eine Kollagenasebehandlung wird von den meisten Krankenkassen zudem nicht bezahlt. Eine offene OP-Methode ist die sogenannte partielle Aponeurektomie. Dabei entferne ich mikrochirurgisch die Stränge und Knoten und stelle danach die Hautoberfläche wieder her. Das ist aufwendiger, allerdings ist ein Wiederauftreten an der operierten Stelle deutlich seltener als bei den minimalinvasiven Methoden.

Und was ist nach einer OP zu beachten?

Dr. Deglmann: Die Nachbehandlung ist in diesem Fall besonders wichtig. Und für ein gutes Operationsergebnis ist die aktive Mithilfe des Patienten gefragt. Direkt nach der Operation wird die betroffene Hand individuell geschient. Die Finger müssen nach der OP zügig und sportlich beübt werden. Der Arzt oder Handtherapeut zeigt Betroffenen hierfür geeignete Übungen. Patienten mit einem minimalinvasiven Eingriff, insbesondere nach einer Nadelfasziotomie, sind schnell wieder fit, die Einschränkungen dauern etwa 7 bis 14 Tage. Nach einer offenen OP wiederum muss ausdauernd geübt werden: In der Regel ist die Hand dann nach etwa 6 Wochen wieder voll einsatzfähig. Narben im Bereich der Hand sind meist länger empfindlich als in anderen Körperbereichen, da die Gefühlsnerven hier besonders dicht sind. Deshalb stimme ich zusammen mit den kooperierenden Handtherapeuten die Narbentherapie genau auf die Operation und meine Patienten ab.

Quelle: Sonderveröffentlichung in der Reihe “Gesund leben” auf der Ratgeberseite der Klinik Josephinum München, im März 2022